Justizinitiative wird eigenen Anforderungen nicht gerecht

Die Frage nach der Unabhängigkeit der Justiz und insbesondere der obersten Richter eines Landes hat international eine gewisse Tagesaktualität. Sei es die von der PiS-Regierung durchgesetzte, aber höchst umstrittene Justizreform in Polen oder die notorisch ergebnislose Diskussion um die politische Abhängigkeit des US Supreme Courts. Selbst in der Schweiz war dies bekanntlich vor den Bundesrichterwahlen 2020 ein Thema, als Yves Donzallaz (SVP) von seiner eigenen Partei wegen eines unliebsamen Entscheides nicht zur Wiederwahl vorgeschlagen wurde. Genau dieser Vorfall zeigt jedoch, dass die Schweiz von polnischen oder amerikanischen Verhältnissen noch meilenweit entfernt ist. Denn dem Ansinnen der SVP wurde damals nicht gefolgt, Donzallaz erhielt sogar mehr Stimmen als bei der Wahl sechs Jahre zuvor. Dies zeigt eindrücklich, dass das Bundesparlament keine parteipolitischen Spielereien duldet. Im Gegenteil: Obwohl nirgends festgeschrieben, berücksichtigt das Parlament bei der Wahl die Parteienstärken und sorgt so dafür, dass der Bevölkerungswille auch in der Judikative widerspiegelt wird. Es kann darüber hinaus auch andere Kriterien berücksichtigen, so etwa eine angemessene Vertretung der Landesteile, der Sprachen, des Alters oder des Geschlechts. Ein Losverfahren könnte unmöglich all diese Punkte mit einbeziehen. 

Darüber hinaus ist mit der Initiative eine grössere Unabhängigkeit von der Politik keinesfalls garantiert. Die Wahl der Fachkommission wäre ein politischer Prozess, zumal auch diese Experten nicht frei von persönlichen Ansichten und Präferenzen sind. Es besteht letztlich die Gefahr eines Transparenzverlustes bei der Auswahl der Richterkandidaten. Die Annahme der Justizinitiative käme diesfalls einem Pyrrhussieg gleich, weswegen wir sie zur Ablehnung empfehlen.

 

Vorstand FDP Allschwil-Schönenbuch